Tage der Bayerischen Schulmusik 2020: Rückblick

Musikunterricht in einer digitalisierten Welt

Tage der Bayerischen Schulmusik 2020 - ein Rückblick

Eine große Fortbildungsveranstaltung durchführen in Zeiten der Corona-Krise? – In den ersten Märztagen diskutierte der VBS-Vorstand intensiv die Frage, ob die „Tage der Bayerischen Schulmusik“ tatsächlich in der geplanten Form stattfinden sollten. Rücksprache mit dem Gesundheitsamt der Stadt München ergab grünes Licht, und so konnte die schulmusikalische Biennale des VBS, die es seit knapp 40 Jahren gibt, auch heuer wieder vom 5. bis 7. März in der Hochschule für Musik und Theater München durchgeführt werden.

Drei Tage lang ging es um Fragen, die sich aus der offensiv vorangetriebenen Digitalisierung des Bildungswesens für den Musikunterricht ergeben. Den Auftakt machte auch in diesem Jahr wieder ein hochkarätiger Festvortrag: Der Augsburger Schulpädagogik-Professor Klaus Zierer war als Gast geladen. Er stellte in seinem Vortrag „Lernen 4.0 im Musikunterricht“ empirische Forschungsergebnisse rund um Lernen und Digitalisierung vor und schloss seine Überlegungen mit der Formel „Pädagogik vor Technik“! Bei der musikalischen Rahmung der Eröffnungsfeier beschritt der VBS neue Wege: Erstmals wurde ein Kompositionsauftrag vergeben, mit der Maßgabe, ein kammermusikalisches Werk zu schaffen, das auch für musikalisch ambitionierte Laien und versierte Oberstufenschülerinnen und -schüler gut bewältigbar sein sollte. Die in München lebende spanische Komponistin Nélida Béjar (*1979) stellte sich dieser Herausforderung. Lebendig und klangschön musiziert wurde ihr dreiteiliges Werk „Diagonale“ vom Ensemble für Neue Musik der Universität Regensburg unter Leitung von Patrick Ehrich.

„Digitalisierung in der (musikalischen) Bildung: Heilsversprechen oder Hiobsbotschaft?“ – unter diesem Titel wurden in einer Podiumsdiskussion bildungspolitische Dimensionen des Tagungsthemas ausgelotet. Moderiert von Bernhard Hofmann äußerten Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Domänen ihre Visionen, Erwartungen, Befürchtungen und offenen Fragen: Marc Godau (Professur für Musikpädagogik und Musikdidaktik in Potsdam), Ursel Lindner (Seminarlehrerin für Musik, München), Dr. Rahild Neuburger (Institut für Wirtschaftsinformatik und Neue Medien, LMU München/Münchner Kreis), Dr. Myriam Rion (Vorsitzende des Arbeitskreises Musische Gymnasien, Elternvertreterin) und Klaus Zierer (Professur für Schulpädagogik, Augsburg). Deutlich wurde, dass es hier um einen Bereich geht, in dem hoher Handlungsdruck herrscht. Die Entwicklung nachhaltiger pädagogischer Konzepte gestaltet sich schwierig.

In etwa 50 Workshops und Vorträgen wurden weitere Fragen adressiert: Welche neuen Arten von Musik und musikalischen Praktiken entstehen durch die Verfügbarkeit immer neuer Musik-Apps für mobile Geräte oder neuer haptischer Schnittstellen zum Musizieren oder Produzieren? Welchen „musikpädagogischen Mehrwert“ können die neuen Geräte und mediengestützte Lehr-Lern-Arrangements bieten? Wie lassen sich digitale Medien kreativ und musikalisch-künstlerisch nützen? Gibt es Ansätze, die sinnlich-körperorientierte musikalische Praxis und den Gebrauch digitaler Medien fruchtbar miteinander verbinden?

In bewährter Weise ergänzt wurden die Veranstaltungen zum Tagungsthema durch Praxisworkshops, in denen inhaltlich vielfältige Impulse für die Unterrichtsgestaltung gegeben wurden. Das Spektrum reichte von Bodypercussion in der Grundschule über Konzepte aktiven Musikhörens bis hin zu anspruchsvollen Themen für den Unterricht in der gymnasialen Oberstufe. Bewährte Kooperationspartnerinnen und -partner des VBS wie Musik- und Schulbuchverlage, die Bayerische Landeskoordinierungsstelle für Musik und das Education-Programm des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks präsentierten Aktuelles aus ihrer Arbeit. Erstmals auf den Schulmusik-Tagen vertreten waren die bayerischen Berufsfachschulen für Musik, die in einem Vortrag über ihre vielfältigen Ausbildungsangebote informierten. Thomas Rösch, der Leiter des Orff-Zentrums München, ließ im Zuge einer Führung durch sein Haus Leben und Werk des großen bayerischen Komponisten und Musikpädagogen lebendig werden, dessen 125. Geburtstag in diesem Jahr begangen wird.

Gabriele Puffer

(aus NMZ 04/2020)